Die 60er Jahre waren ein ikonisches Zeitalter für die Musik und das über diverse Musikrichtungen hinweg. Wenn ich meine Schallplattensammlung durchforste, muss ich Sandi Thom fast Recht geben: I was born too late, to a world that doesn’t care.
Häufig werden an dieser Stelle jetzt die Beatles, die Rolling Stones oder Bob Dylan genannt. Doch nicht nur diese (männlichen) Größen definierten den Sound der 60er-Jahre: Es gab auch einige Sängerinnen der 60er Jahre, die den Weg für künftige Generationen von Musikern ebnen.
Mit Sicherheit, aber waren die 60er-Jahre eine Ära der kulturellen Revolution, und keine andere Kraft hat diese Veränderungen so mitreißend und eindringlich ausgedrückt wie die Musik. Inmitten dieses gesellschaftlichen und politischen Umbruchs zeigten weibliche Stimmen eine beispiellose Wirkung auf die kulturelle Dynamik und die Ereignisse der Zeit.
Werfen wir nun also einen Blick auf einige der besten Sängerinnen der 60er Jahre, die mit ihren einzigartigen Stimmen und künstlerischen Beiträgen nicht nur die Charts dominierten, sondern auch die Dynamiken ihrer Ära maßgeblich prägten.
Die Ikone: Aretha Franklin
“R-E-S-P-E-C-T, find out what it means to me.”
Aus dem Lied “Respect”
Aretha Franklin zählt zweifellos zu den herausragendsten und einflussreichsten amerikanischen Sängerinnen, die weit über die 1960er hinaus ihre Spuren hinterlassen haben. Ihre bemerkenswerte Karriere begann als Gospelsängerin in der Kirche ihres Vaters. Der bleibende Einfluss ihrer Musik auf die Genres Soul und R&B ist bis heute unübertroffen. Franklin wird nicht umsonst als die “Queen of Soul” verehrt.
Mit zeitlosen Hits wie “Respect” und “Think” eroberte sie die Herzen eines internationalen Publikums im Sturm. Was ihre Songs und insbesondere ihre Bühnenauftritte bis heute unvergleichlich macht, ist die mitreißende Leidenschaft, die sie in jede Darbietung einbrachte.
Im Jahr 2015 beeindruckte Aretha Franklin bei den Kennedy Center Honors mit einer emotionalen Aufführung von “Natural Woman” zu Ehren von Carole King. Während des Songs warf sie dramatisch ihren Pelzmantel ab, was zu wahren Begeisterungsstürmen im Publikum führte. Dieser spontane Moment wurde zu einem Symbol für Arethas leidenschaftlichen Ausdruck und ihre Fähigkeit, das Publikum tief zu berühren.
Die Königin des Pop: Dusty Springfield
“Being good isn’t always easy, no matter how hard I try.”
Aus dem Lied “Son of a preacher man”
Dusty Springfield stieg in den 60er-Jahren zur “Queen of Pop” auf. Mit ihrer einzigartigen Stimme prägte sie die Popmusik dieser Ära nachhaltig. Viele ihrer Hits wie “Son of a Preacher Man” und “I Only Want to Be with You” sind bis heute Klassiker.
Doch nicht nur musikalisch sorgte die englische Sängerin in den 60er Jahren für Furore. 1964 weigerte sich Dusty Springfield in Südafrika vor einem getrennten Publikum aufzutreten, und setzte damit ein starkes Zeichen gegen die Apartheid. Trotz des politischen Drucks beharrte sie darauf, dass ihre Shows integrativ sein sollten.
Diese mutige Geste machte sie zu einer Verfechterin sozialer Gerechtigkeit und zeigte, dass sie nicht nur eine herausragende Musikerin, sondern auch eine engagierte Persönlichkeit mit einem klaren Sinn für Gerechtigkeit war.
Die vielseitige Künstlerin: Nina Simone
“It’s a new dawn, it’s a new day, it’s a new life for me, and I’m feeling good.”
Aus dem Lied “Feeling good”
Nina Simone war eine renommierte Jazz- und Blueskünstlerin, Pianistin und Songschreiberin, die ebenfalls in den 60er-Jahren ihre bleibenden Spuren hinterließ. Trotz der zahlreichen Herausforderungen, mit denen schwarze Sängerinnen zu jener Zeit oft konfrontiert waren, prägte sie die Ära mit ihrer einzigartigen Kombination aus Musik und Aktivismus. Mit politisch aufgeladenen Songs wie zum Beispiel “Mississippi Goddam” brachte sie ihre Haltung zu den sozialen Unruhen dieser Ära zum Ausdruck.
Auch Nina Simones musikalische Reise begann in einer Kirche – genauer gesagt, in der Methodistenkirche ihrer Heimatstadt Tryon, North Carolina. Dort wurde ihr außergewöhnliches Klaviertalent entdeckt, was ihr ein Stipendium am Juilliard Conservatory of Music in New York ermöglichte. Auch hier sah sie sich erneut mit den Vorurteilen gegenüber afroamerikanischen Künstlern konfrontiert. Trotz der Schwierigkeiten an der Juilliard prägten diese Erfahrungen Ninas einzigartigen Stil, der später Jazz, Blues und Soul auf innovative Weise verschmolz.
Die Rock ‘n’ Roll Diva: Janis Joplin
“Freedom’s just another word for nothin’ left to lose.”
Aus dem Song “Me and Bobby McGee”
Janis Joplin, die Rock ‘n’ Roll Diva, stellte in den 60ern die männerdominierte Rockszene auf den Kopf. Mit ihrer bluesigen und kraftvollen Stimme verlieh sie Songs wie “Piece of My Heart” eine emotionale Intensität, die die Seelen der Zuhörer durchdrang und einen bleibenden Eindruck von roher Authentizität hinterließ. Selbst ihr tragisches Ende vermochte diesen Einfluss nicht zu mindern.
Ihre legendäre Performance beim Woodstock-Festival 1969 katapultierte sie mit sofortiger Wirkung in den Rock-Olymp. Bekannt für ihre Neigung zur Improvisation ließ sie auch hier ihrer künstlerischen Freiheit freien Lauf. Dadurch gelang es ihr, das Woodstock-Publikum aktiv einzubeziehen. Die kollektive Energie und Atmosphäre des Festivals verstärkten die Wirkung ihrer Musik.
Die Queen of Motown: Diana Ross
“I want the world to know, got to let it show.”
Aus dem Song “I’m Coming Out”
Fragt man nach den besten Sängerinnen der 60er-Jahre, kommt mit großer Wahrscheinlichkeit die Sprache auf Diana Ross.
Sie war ein Gründungsmitglied der legendären “Supremes”, erlangte jedoch auch als Solokünstlerin den Status der “Queen of Motown”. Ihr Beitrag zur kulturellen Vielfalt der 60er-Jahre bleibt unvergessen.
Diana Ross’ denkwürdiger Auftritt im Central Park 1983 trotzte einem heftigen Regenschauer. Anstatt das Konzert jedoch abzusagen, entschied sie sich, es im strömenden Regen fortzusetzen.
Zwischen durchnässten Hits sprang sie spontan in den Regen, um sich mit ihrem Publikum zu verbinden. Dieser unvergessliche Moment zeugt von Ross’ Professionalität, Hingabe und ihrer einzigartigen Verbindung zu den Fans.
Die Folk-Ikone: Joan Baez
Baez war eine Pionierin der Folkmusik, die vor allem aus einer akustischen Gitarre und Anti-Establishment Poesie bestand. Damit half sie auch der Karriere des damals noch recht unbekannten Bob Dylan auf die Sprünge.
Mit ihrer klaren Stimme und ihrem sozialen Engagement prägte sie die 60er-Jahre. Obwohl sie selbst Lieder schrieb, wurde Joan Baez vor allem durch ihre Coverversionen bekannt. Unter anderem die kraftvolle Interpretation von Dylans “Blowin’ in the Wind” machte sie zur Stimme einer Generation.
Joan Baez’ beeindruckender Auftritt beim Woodstock-Festival 1969 zeugte von ihrer Entschlossenheit. Trotz ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft und bevorstehenden Geburt ging sie auf die Bühne, um ihre Musik und Überzeugungen zu teilen. Ihr Auftritt wurde zu einem symbolischen Moment, der ihre unerschütterliche Hingabe an Kunst und Aktivismus während einer bedeutenden Ära unterstrich.
Die deutsche Legende: Hildegard Knef
“Für mich soll’s rote Rosen regnen, mir sollten sämtliche Wunder begegnen.”
Aus dem Lied “Für mich solls rote Rosen regnen”
Auch Hildegard Knef, eine deutsche Legende, Schauspielerin und Sängerin, trug maßgeblich zur Entwicklung der deutschen Popmusik bei. International bekannt, brachte sie eine einzigartige Mischung aus Talent und Stil in die Musiklandschaft der 60er-Jahre ein.
Knefs mutiger Auftritt am Broadway in den 1950er-Jahren markierte einen bedeutenden Schritt in ihrer internationalen Karriere. Trotz anfänglicher Sprachbarrieren überzeugte sie das New Yorker Publikum nicht nur mit ihrer Gesangskunst, sondern auch mit Charisma und Bühnenpräsenz. Ihr Engagement in dem Broadway-Musical “Silk Stockings” zeugte von ihrer Vielseitigkeit als Künstlerin, die erfolgreich zwischen den Bereichen Film, Musik und Theater wechselte.
Die britische Blues-Legende: Marianne Faithfull
“At the age of thirty-seven, she realized she’d never ride through Paris in a sports car with the warm wind in her hair.”
Aus dem Lied “The Ballad of Lucy Jordan”
Marianne Faithfulls Musikstil ist vielseitig und reicht von Folk über Rock bis zu Blues und Chanson. Ihre frühe Karriere wurde von folkigen Klängen und sanften Balladen geprägt. Im Laufe der Zeit entwickelte sie einen reicheren und experimentellen Klang. Mit ihrer charakteristischen, rauchigen Stimme und der Fähigkeit, tiefe emotionale Nuancen zu vermitteln, bleibt Faithfull eine einzigartige Künstlerin, die die Grenzen musikalischer Genres erkundet.
Während ihrer Beziehung mit Mick Jagger schrieb sie gemeinsam mit diesem und Keith Richards den Song “Sister Morphine”. Aufgrund persönlicher Herausforderungen konnte sie den Song in den 1970er-Jahren nicht veröffentlichen, während die Rolling Stones ihre eigene Version produzierten. Faithfull veröffentlichte schließlich 1987 ihre Interpretation des Songs, womit sie ihren Einfluss auf das Songwriting der Rolling Stones unterstrich und zeigte, dass ihre künstlerischen Beiträge zeitlos sind.
Die Rock Titanin: Tina Turner
“If what you get is what you see, then I don’t want your kind of love.”
Aus dem Lied “What you get is what you see”
Die ungezähmte Stimme des Rock, Tina Turner, ist eine Schlüsselfigur in der Musikszene der 60er Jahre. Ihr Aufstieg von den Anfängen mit Ike Turner bis zu ihrer strahlenden Solokarriere spiegelt nicht nur die Evolution des Rocks wider, sondern auch die Stärke weiblicher Künstlerinnen.
Mit dynamischen Hits wie “Proud Mary” und “River Deep – Mountain High” setzte Tina Turner nicht nur neue Standards, sondern manifestierte sich als die unbestrittene Rock-Röhre dieser Zeit. Aber nicht nur ihr bahnbrechender Erfolg in einer Ära, die von männlich dominierten Rock geprägt war, machte sie zu einer inspirierenden und wegweisenden Figur.
Nach ihrer Trennung von Ike hatte Tina finanzielle Schwierigkeiten. Sie erhielt das Demo für “What’s Love Got to Do with It”. Dank ihres ausgeprägten Instinkts erkannte sie nach anfänglicher Unsicherheit das Potenzial des Songs. Dieser markierte schließlich ihren Durchbruch als Solokünstlerin und verdeutlichte eindrucksvoll Tinas Fähigkeit, sich trotz Widrigkeiten neu zu erfinden und triumphierend an die Spitze der Charts zurückzukehren.
Schlussfolgerung
Die Sängerinnen der 60er-Jahre haben die Musiklandschaft dieser Ära nachhaltig geprägt. Von Aretha Franklins souligen Hymnen über Dusty Springfields poppiger Eleganz bis hin zu Tina Turners energetischem Rock haben diese Künstlerinnen nicht nur die Charts erobert, sondern auch den Weg für zukünftige Generationen von Sängerinnen geebnet. Ihre Vielseitigkeit und Originalität machten die 60er-Jahre zu einem goldenen Zeitalter für die weibliche Musik.
In einer Ära, in der die Musik als kultureller Wandel fungierte, haben sie nicht nur Genres beeinflusst, sondern auch Herzen berührt. Ihr Erbe lebt weiter, und ihre künstlerischen Beiträge werden auch weiterhin Generationen inspirieren.
Diese Frauen haben nicht nur erfolgreich in einer männerdominierten Szene Fuß gefasst, sondern auch gesellschaftliche und politische Themen musikalisch durchdrungen und damit einem breiten Publikum zugänglich gemacht.